Scores für einen Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiter*in #2
Installation mit Live Performance begleitet von einem Gespräch mit Textilarbeiter*innen
Das Performanceprojekt Scores für eine Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiterin wurde für die Gruppenausstellung Wirtschaft mit Armut. Kunst ist Klasse! im Helmhaus Zürich weiterentwickelt und ausgebaut.
Die Performance am 7.Februar 2025 im Helmhaus Zürich fand vor dem handgeschriebenen Wandtext, der Teil der Arbeit ist, ist.
Im Anschluss an die Performance gab es ein Gespräch mit der Künstlerin und Gäst*innen: Maria Gallelli und Lucia Passaseo, zwei ehemalige Textilarbeiterinnen der Spinnerei Streiff, brachten Arbeitsabläufe an einer Spinnmaschine bei, die für Stefanie Knobels Performance wichtig waren. Anna Häni berichtete über den 1986 mit Marianna Bassu gegründeten feministischen Stammtisch GRUPPO DONNE ITALIANE.
Dokumentation Scores für eine Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiter*in, 2025. Kamera: Sarai Aron.

Performanceansicht Scores für eine Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiter*in #2, 7. Februar 2025. Foto: Sarai Aron.

Performanceansicht Scores für eine Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiter*in #2, 7. Februar 2025. Foto: Sarai Aron.

Performanceansicht Scores für eine Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiter*in #2, 7. Februar 2025. Foto: Sarai Aron.
Der folgende Text war als handgeschriebener Wandtext Teil von Scores für eine Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiter*in #2:
Vor einem Indienaufenthalt lese ich von einer Schweizer Forschungsexpedition: Diese führt 1969 nach Indien und Pakistan mit dem Ziel zwei blinde Flussdelfine zu fangen und zu Studienzwecken in die Schweiz zu bringen.
Einige Jahre später erfahre ich, dass diese Expedition von einer Schweizer Stiftung finanziert wurde, die aus dem Baumwollhandel mit dem indischen Subkontinent hervorgeht.
In ländlich-industriellen Regionen wie dem Zürcher Oberland verarbeiteten tausende Textilarbeiter*innen wie meine Grossmutter die indische Baumwolle zu wohligen Pyjamas. Zu jeder Feier schenkte mir meine Grossmutter ein neues Pyjama.
Als alle Spinnmaschinen gleichzeitig am Laufen waren, brachten diese ein ungeheures Heulen hervor. Der Lärm liess die Spinnerei erzittern und übertönte alle Unterhaltungen der Textilarbeiter*innen. Lucia und Maria erzählen mir im November in Wetzikon, dass in ihrer Spinnerei neben Italienisch auch Spanisch, Griechisch oder Portugiesisch gesprochen wurde, kaum aber Schweizerdeutsch, wie noch zur Zeit meiner Grossmutter. Das Heulen sitze immer noch tief in den Knochen, sagen sie mir.
Ich stelle mir vor, wie das Heulen in meine Knochen eindringt. Ich laufe mit geschlossenen Augen durch die Gegend, so lange bis sich der Klang körperlich fortsetzten kann. Ich stelle mir vor, wie sich der Gehörgang bei Flussdelfinen zur Gänze mit Wasser füllt und für Schall eine vorzügliche Leitfähigkeit bekommt. Die Flussdelfine betreiben durch kleine Bewegungen des Zungenbeins Echoortung und können sich dadurch fortbewegen und miteinander kommunizieren. Ich fühle nach meinem Zungenbein und wiederhole an ihm einzelne Bewegungen. Doch als ich in den Labyrinthen meines Körpers umherwandere, stosse ich auf lauter Gegensätze. So sehr ich dem Heulen Raum geben möchte, so sehr versuche ich seinen ausbreitenden Schall zu stoppen. Das Heulen verfolgt mich. Ich renne in die Landschaft hinein. Keine Wüste, aber eine weitverzweigte Flusslandschaft. Ich ziehe mein Pyjama aus, komme mit dem Wasser in Berührung, höre hin, mein Zungenbein bebt.
Einige Jahre später erfahre ich, dass diese Expedition von einer Schweizer Stiftung finanziert wurde, die aus dem Baumwollhandel mit dem indischen Subkontinent hervorgeht.
In ländlich-industriellen Regionen wie dem Zürcher Oberland verarbeiteten tausende Textilarbeiter*innen wie meine Grossmutter die indische Baumwolle zu wohligen Pyjamas. Zu jeder Feier schenkte mir meine Grossmutter ein neues Pyjama.
Als alle Spinnmaschinen gleichzeitig am Laufen waren, brachten diese ein ungeheures Heulen hervor. Der Lärm liess die Spinnerei erzittern und übertönte alle Unterhaltungen der Textilarbeiter*innen. Lucia und Maria erzählen mir im November in Wetzikon, dass in ihrer Spinnerei neben Italienisch auch Spanisch, Griechisch oder Portugiesisch gesprochen wurde, kaum aber Schweizerdeutsch, wie noch zur Zeit meiner Grossmutter. Das Heulen sitze immer noch tief in den Knochen, sagen sie mir.
Ich stelle mir vor, wie das Heulen in meine Knochen eindringt. Ich laufe mit geschlossenen Augen durch die Gegend, so lange bis sich der Klang körperlich fortsetzten kann. Ich stelle mir vor, wie sich der Gehörgang bei Flussdelfinen zur Gänze mit Wasser füllt und für Schall eine vorzügliche Leitfähigkeit bekommt. Die Flussdelfine betreiben durch kleine Bewegungen des Zungenbeins Echoortung und können sich dadurch fortbewegen und miteinander kommunizieren. Ich fühle nach meinem Zungenbein und wiederhole an ihm einzelne Bewegungen. Doch als ich in den Labyrinthen meines Körpers umherwandere, stosse ich auf lauter Gegensätze. So sehr ich dem Heulen Raum geben möchte, so sehr versuche ich seinen ausbreitenden Schall zu stoppen. Das Heulen verfolgt mich. Ich renne in die Landschaft hinein. Keine Wüste, aber eine weitverzweigte Flusslandschaft. Ich ziehe mein Pyjama aus, komme mit dem Wasser in Berührung, höre hin, mein Zungenbein bebt.

Gespräch mit der Künstler*in und Gäst*innen, 7. Februar 2025. Foto: Sarai Aron.
Scores für einen Ganges Flussdelfin und eine Textilarbeiter*in #2, 2025
Bleistift auf Wand, Ton: Stefanie Knobel in Kollaboration mit Vidyanand Bhaskhar
Bewegungsdramaturgische Begleitung: Jessica Huber
Bleistift auf Wand, Ton: Stefanie Knobel in Kollaboration mit Vidyanand Bhaskhar
Bewegungsdramaturgische Begleitung: Jessica Huber
Mit grosszügiger Unterstützung von
Kanton Zürich Fachstelle Kultur
Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia